Kunst oder Kinderkram? – Abstrakte Kunst in der Fundació Miró

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Jeder der vor einem Rembrandt, einem Caravaggio oder einem Vermeer steht kann sich kaum der Bewunderung für die alten Meister entziehen. Was aber soll man von einem Gemälde halten, das nichts als bunte Punkte und unförmige Linien zeigt?. Ist das wirklich Kunst?  In der Fundació Miró auf dem Hausberg Montjuïc hört der Besucher immer wieder Aussagen wie „Na das kann mein Enkel auch“  und so ganz zu wiederlegen ist das nicht. Abstrakte Kunst löst sich von identifizierbaren Gegenständen und versucht eine bestimmte Wirkung zu erzeugen. Das ist nicht jedermanns Sache und sogar manche versierte Kunstkritiker wie Antonio Garcia Villaran suchen vergeblich nach dem Sinn von Miros Werken. 

Für uns Normalos bleibt nur eins: Hingehen, Anschauen und unvoreingenommen wirken lassen. Denn immerhin: auch Musik ist etwas abstraktes. Mit diversen Werkzeugen erzeugen Musiker diverse Töne, um beim Hörer eine bestimmte Wirkung zu erzeugen.  Es sind Töne und Laute, die sonst in der Natur nicht vorkommen, aber wer würde schon die 9 Sinfonie von Beethoven als „Geräusch“ bezeichnen. Auch ein Roman ist nichts anderes als eine Ansammlung von abstrakten Zeichen, die als Buchstaben  nur einen Laut nachahmen. Wohlgeordnet zu Wörtern, Sätzen und Geschichten können daraus Jahrhundertwerke entstehen wie die Bibel oder das Gilgamesch Epos.

Ein gemaltes Objekt, wie eine Person oder ein Stilleben, erzeugt fast automatisch eine zielgerichtete Wirkung, denn der Maler bezieht sich auf die Lebenswelt des Betrachters. Was aber, wenn kein Objekt abgebildet wird? Um sich dem Thema zu nähern hilft eine vergleichende Betrachtung.  Stellt man einen Kandinsky neben einem  Miro erkennt man ohne weiteres zwei völlig verschiedene Ansätze die sicherlich so von den Künstlern beabsichtigt sind.

Links: Frau und Vogel bei Sonnenaufgang von Joan Miró. Rechts: Komposition no 8 von Vasili Kandinsky (WIKIart)

Der eine wollte etwas aussagen, der andere etwas völlig anderes. Es fragt sich nur was. In einigen Fällen benötigt man etwas Hintergrundwissen. Angenommen, ein Kunsthändler zeigt ein Bild eines bekannten Malers aus dem 17. Jahrhundert. Er nimmt ihn beiseite und sagt: „Hör mal, was hältst du davon und wie würdest du die Wirkung auf die Leinwand bringen?. Hier das Resultat von Joan Miró.

Miro Museum Barcelona Fundació Miró

Links: Der Lautenspieler von Hendrick Sorgh (1661) Moma. Rechts: Die Interpretation des gleichen Motivs von Joan Miró (1928), Moma New York. Fotos: Wikiart

Als erkennbarer Gegenstand ist nur noch die Laute übrig geblieben, der Rest schwirrt wirr durch das Bild. Der Lautenspieler verwandelt sich in ein weisses Oval mit 5 Haaren und dem Gesicht in der Mitte, die Frau verschmelzt mit der Tischdecke zu einem weissen etwas, der Hund glotzt dem Betrachter mit einem grünen und einem gelben Auge entgegen. Perspektive, Fluchtpunkt, goldener Schnitt, alles was die Renaissance in der Malerei hervorgebracht hatte, um Bilder möglichst nahe an die Realität zu rücken, wird hier einfach weggewischt.  Losgelöst von jeglicher Ratio sollen Befindichkeiten ausgelöst werden, die gegenständliche Präsentationen nicht erreichen.

Joan Miró, vom Buchhalter zum Jahrhundertkünstler

Die Jugend Mirós der 20 – Jahre fiel in eine Zeit des gnadenlosen technologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Umbruchs. Auf den Ramblas, gleich neben seinem Geburtsort, fuhren die ersten Autos, öffneten Galerien mit fauvistischen Gemälden und Fotografen ersetzten die früheren Porträtmaler. Er selbst begann seine beruflichen Lebensweg, seinem Vater gehorchend, als Buchhalter. Ein glatte Fehlbesetzung für jemanden, der Jahre später die Kunstwelt des 20. Jahrhunderts mit revolutionären Bilderwelten bereichern sollte. In seinen Kassenbüchern fanden seine Vorgesetzen eigenwillige Zeichnungen und so endete seine erste Anstellung mit einem fulminanten Rauswurf und einem Nervenzusammenbruch.

Sein Vater erkannte schliesslich, das der junge Mann nicht zum Kaufmann geboren war und nach einem Erholungsaufenthalt in Mont-roig bei Tarragona besuchte er von 1912 bis 1915 eine private Kunstakademie.

Das Dorf Mont-roig hatte eine prägende Wirkung für die ersten Werke, von denen einige in der Fundació ausgestellt sind.

Joan Miró Barcelona

Dorf und Kirche von Mont-roig 1919 . Foto: wikiart

Von abstrakter Darstellung ist hier noch nichts zu sehen, schon aber der Einfluss der Expressionisten. Wuchtige Erdverbundenheit und klare Blickführung von Vordergrund unten, über die Felder bis zur hoch aufragenden Kirche zeigen eine idyllische kleine Welt bis ins Detail.

 

Surrealismus

Ähnlich wie Siegmund Freuds Ich und Über ich gibt es aus Sicht dieser Strömung das Überreale, das nicht durch die Abbildung des gegenständlichen sichbar wird. Der Künstler soll sich wie der Patient auf der Couch des Dr. Freud freimachen von der beengenden Oberflächlichkeit der Wirklichkeit und das Überreale, das Unbewusste sichtbar machen.

Gepflügte Erde Miró

Gepflügte Erde 1924, Guggenheim Museum New York. Foto: Wikiart.

Das Ölgemälde „gepflügte Erde“ zeigt schon eine ganz andere Interpretation der katalanischen Landschaft.

Die Welt des Joan Miró

 

Also was jetzt. Kunst oder Kinderkram

 

Fundació Miró. Lohnt sich das ?

Fundació Miro – genzenlose Fantasie an einem Ort

Nur wenigen Künstlern ist es vergönnt, eine eigene Stiftung zu gründen und die Ausstellungsräume selbst zu gestalten. Miró als Jahrhundertkünstler und berühmter Sohn der Stadt Barcelonas hat es geschafft und weihte 1975 das Gebäude auf dem Hausberg MontjuÏc ein. Er war damals bereits 82 Jahre alt und heute beherbergt das Museum etwa wichtige Objekte seines Lebenswerk, insgesamt 10 000 Bilder und Skulpturen.

 

 

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