Die Kathedrale des Meeres – Ein Geheimnis das alle übersehen

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Arnau Estanyol lebt im Barcelona des vierzehnten Jahrhunderts und kämpft ums Überleben. Er wächst als Kind eines flüchtigen Landarbeiters in den Gassen von Barcelona auf und erlebt den Hunger, die schreiende Ungerechtigkeit und die Grausamkeit des Mittelalters. Als junger Mann wird er in der ehrenwerten Gilde der Lastenschlepper aufgenommen und trägt auf dem Rücken Steine vom nahegelegenen Hafen zum Bau der „Kathedrale des Meeres“. Die Basílica Santa del Mar im Stadtteil Born wird zum Lebensmittelpunkt von Arnau Estanyol, der es mit Redlichkeit und Gerechtigkeitssinn bis zum Seekonsul bringt und immer wieder zur Kathedrale des Meeres zurückkehrt um dort Schutz und Trost zu suchen.

Der Roman, „Die Kathedrale des Meeres“, der diese Geschichte erzählt, wurde millionenfach in aller Welt in 30 Sprachen verkauft und führte sofort nach seiner Erscheinung 2007 die Bestsellerliste in Deutschland an. Der Autor, Ildefonso Falcones, als Anwalt selbst ein Kämpfer für Gerechtigkeit, hat 5 Jahre lang täglich eine Stunde vor der Arbeit und eine Stunde nach Feierabend für dieses Werk recherchiert und die Geschichte von Arnau Estanyol um die Basilika herumerzählt.

Kathedrale des Meeres Steineschlepper

Abbildung eines Lastenträgers mit einem Stein für den Bau der Kathedrale des Meeres

Vor allem ein besonderes Detail inspirierte ihn zu diesem grandiosen Werk und man muss da schon genauer hinsehen, um es zu entdecken. Als Bauwerk manifestiert die Kathedrale des Meeres, die eigentlich „nur“ eine Basilika ist, den damaligen Zeitgeist. Man sieht typische Gotik, wie Kreuzrippen im Innenraum, eine enorme Fensterrose über dem Portal, und daneben die üblichen Heiligen. Über dem Portal jedoch haben die Bauarbeiter vor mehr als 600 Jahren zwei seltsame Figuren angebracht, die jeweils einen Stein auf ihrem Rücken tragen. Es sind zwei Lastenschlepper, wie die Romanfigur Arnau Estanyol, die mit schwerster Knochenarbeit den Bau dieser architektonischen Perle ermöglichten. An dieser Stelle wurde eben kein König oder ein weiterer Heiliger angebracht, sondern hier steht eine eindeutige Huldigung an die vielen Malocher, die die schweren Granitsteine von den Schiffen entladen und anschliessend über Holzgerüste hochgeschleppt haben.

Die eindeutige Demonstration der Plebejerherkunft unterscheidet dieses Bauwerk von seinem aristokratischen Gegenstück, der Kathedrale von Barcelona, ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt. Der Seehandel und die Werkstätten brachten einen relativen Wohlstand der viele Menschen vom Land anzog. Die Anzahl der Bewohner des Stadteils Ribera (El Born) wuchs und die Menschen benötigten eine neue Kirche. Der Bau war ein Gemeinschaftswerk, gefördert von der reichen Bourgoisie aus den nahegelegenen Palästen der Carrer Montcada und den Gremien die selbst mit ihrer Hände Arbeit zum Bau beitrugen.

Die Kathedrale des Meeres wurde in Rekordzeit von nur 54 Jahren am 3. November 1383 fertiggestellt. Nicht schlecht für eine mittelalterliche Basilika, die sonst mitunter mehrere Jahrhunderte bis zur Fertiggstellung benötigen. Der Grund: Alle zogen an einem Strang. Die reichen Bürger, die Handwerker und sogar der König Pere III gab seine ausdrückliche Genehmigung, den nahegelegenen Steinbruch von Montjuic mit seinem erstklassigen Granitgestein für die Fertigstellung zu nutzen.

Die Kathedrale des Meeres ist einer der repräsentativsten Vertreter der katalanischen Gotik die sich durch ihre leichte, fast heitere Bauweise von der französischen Gotik unterscheidet. Der Architekt und Baumeister Berenguer de Montagut war ein ausgeprägter Minimalist, dem der dekorative Krimskrams seiner Zeit  zuwider war. Die schlanken Säulen und die Seitenschiffe auf gleicher Höhe wie das Mittelschiff in Verbindung mit dem farbigen Lichteinfall durch die bemalten Fenster ergeben eine mystische luftige Aura.

Barcelonatipps: Interessante Übung: Die Kathedrale von Barcelona und die Basilica gleich hintereinander besuchen und anschliessend subjektive Eindrücke niederschreiben. Bleibende Kunsterfahrung garantiert.

Chassan Jalloul

Metro: Jaume I, gelbe Linie 4

 

 

 

 

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