Natalia Horn aus Aachen. “Deutschland wird mir immer fremder”

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Natalia mit ihrem Ehemann Peter, den sie über Facebook kennengelernt hat.

“Ganz bestimmt nicht” antwortet Natalia (49) ohne zu zögern, auf die Frage, ob sie jemals bereut hat, ihre Heimat Aachen zu verlassen. Natürlich war der Anfang nicht leicht, damals 2009, als sie nach dem Tode ihres Vaters ein Ladengeschäft in Calella erbte. Neue Umgebung, neue Freunde, neue Arbeit. Dennoch: Von Anfang an war klar. „Hier bin ich und hier bleibe ich“ sagt sie und bestellt akzentfrei ihre Vorspeise.

Die Kellner kennen sie, denn das Restaurant Caracoles im gotischen Viertel ist ihr Lieblingsrestaurant. Das ist ihr heilig und bleibt für besondere Gelegenheiten reserviert. Mindestens 4 bis 6 mal im Jahr trifft sie sich dort mit ihren besten Freunden aus Deutschland oder Spanien. Sie war oft als Kind mit ihrem spanischen Vater dort und die heimelige etwas enge Atmosphäre weckt ganz besondere Erinnerungen.

Es gibt eine ganze Menge Gründe die für Barcelona sprechen. Da ist selbstverständlich die mediterrane, modernistische Achitektur, die sie so oft es geht besichtigt. Natalia erzählt von Adressen, die so nicht in den üblichen Reiseführern stehen und kennt die Geschichten ihrer Entstehung und ihrer Erbauer. Dann ist da das pulsierende Multikultileben auf den Strassen vom gothischen Viertel, Barceloneta dem Raval etc. „Schon etwas anders als in Aachen“ sinniert sie und lehnt sich zurück. „Und dann ist da natürlich noch etwas“.

Aus einer Internet-Bekanntschaft im Facebook-Konto „Barcelona für Deutsche“ wurde mehr. Sie lernt Peter kennen. Kein Zweifel. Das mit der Liebe auf den ersten Blick und so, das gibt es tatsächlich. Im Mai diesen Jahres feierten sie Hochzeit und nun lebt sie mit ihm und ihrem 16-jährigen Sohn in Sant Pere Pescador, etwa eineinhalb Autostunden von Barcelona entfernt. Peter lebt ebenfalls seit 20 Jahren in Spanien und an Rückkehr denkt eigentlich niemand. Die Umstellung auf die deutsche Mentalität wäre einfach zu gross. Natürlich bleibt die Herkunft immer präsent, doch eigentlich vermisst sie Deutschland nicht. Ausnahme: An Weihnachten erinnert man sich doch an die Gerüche vom Aachener Weihnachtsmarkt, an den Glühwein die Waffeln. Aber gut. „Das vergeht ab dem 28.12.“ stellt sie klar und erzählt gleich von der anderen Seite.

Wenn sie mal wieder in Deutschland ist, vermisst sie den strahlend blauen Himmel, die Sonne die Flexibilität der Menschen in Spanien und das gute Essen und den Café. Die Landschaft in der Eifel ist zwar wunderschön und bei Sonnentagen einfach herrlich, aber die vielen trüben, wolkigen Tage … Ein Nachmittag im November auf einer Fussgängerzone in Aachen, das drückt schon auf die Stimmung und das tauscht sie sicher nicht mit ihrem Fischerdorf mit Blick auf das Mittelmeer auf der einen Seite und auf die Berglandschaft der Pirennäen auf der anderen.

Natürlich wird sie von ihren deutschen Freunden und Bekannten oft auf ihr Leben angesprochen, und immer wieder dreht es sich um die Frage, wo es wohl besser sei. „Ganz klar“ hebt sie an und es klingt als wäre es nicht das erste mal, was sie jetzt sagt. „Arbeiten müssen wir alle“ und auch hier muss man sehen wie man zurecht kommt, auch und vor allem, wenn man mit der spanischen Bürokratie kämpft. Auch die Kriminalität ist oft ein Thema. Sie selbst wurde noch nie bestohlen, aber sie kennt einen schlimmen Fall aus ihrem Freundeskreis. Da hilft nur: Augen auf und nicht mit Goldkettchen nachts durch den Raval laufen oder das Handy auf dem Tisch liegen lassen.

Chassan Jalloul

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